Kategorien
Allgemein

Bericht der Anti-Schwurbel-Demo am 18.12.2021

Als Reaktion des „Spazierganges“ der Schwurbler:innen von StayAwake vom 13.12.2021 und eines Fackelmarsches eben dieser durch Bamberg Ost, haben etliche progressive Gruppen aus Bamberg, allen voran der AStA Bamberg e.V., am 18.12.2021 die Gegendemonstration „Aufstehen gegen Verschwörungsmythen, Antisemitismus und rechte Fackelmärsche auf unseren Straßen!“ auf die Beine gestellt. Mit dabei waren auch angereiste Anktivist*innen (solidarische Grüße an dieser Stelle).
Anlass für die Gegendemonstration war auch das offene Hand-in-Hand-Gehen mit den „neonazistisch geprägten Rechtsextremisten“ vom III. Weg und mit dem vorbestraften Neonazi und Rechtsterroristen Andreas Groh, der 2015 mit anderen Mitglieder der inzwischen verbotenen Gruppe „Weiße Wölfe Terrorcrew“ für einen geplanten Bombenanschlag auf zwei Flüchtlingsunterkünfte und das studentische Zentrum „Balthasar“ festgenommen und zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt wurde (Strafdelikte: Körperverletzung, Sachbeschädigung, Störung des öffentlichen Friedens und verbotener Umgang mit Sprengstoffen).


An die 500 Menschen haben sich für diese Gegendemonstration vor dem Bamberger Bahnhof versammelt. Nach einer Rede der Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus“, die Rassismus und Antisemitismus in StayAwake und die Radikalisierung der Corona-Schwurbler:innen beinhaltete, setzte sich der Demozug in Bewegung. Er bewegte sich über die Luitpoldstraße und die Willy-Lessing-Straße, der Langen Straße, dem Kranen und schließlich über die Kapuzinerstraße bis zum Ort der Endkundgebung am Markusplatz.
Dabei skandierten die Demonstrant:innen mit Sprechchören und Megafonen Demosprüche, wie „Maske auf und Abstand halten, StayAwake zusammenfalten!“, „Pandemie und trotzdem da, durchgeimpfte Antifa!“ oder „Ihr seid nicht der Widerstand, lauft mit Nazis Hand in Hand!“ und aus einer Anlage tönte antifaschistische Musik. Vorneweg liefen einige Demonstrant:innen mit verschiedenen Bannern, um dem Demozug vor den vielen (Handy-)Kameras der Corona-Schwurbler:innen (und Polizist:innen) zu schützen, die den Demozug über die gesamte Zeit begleiteten und versuchten, Demonstrant:innen zu fotografieren.
Einen ersten Vorfall gab es bereits nach knapp einem Kilometer in der Willy-Lessing-Straße – nicht aber mit den Corona-Leugner:innen, sondern mit der Polizei. Einige Demonstrant:innen wollten den Demozug in Richtung ZOB verlassen, wurden zunächst aber von Beamt:innen aufgehalten und in ihrer Freiheit eingeschränkt. Erst als der Demozug damit drohte stehen zu bleiben und somit die Straße länger als geplant zu blockieren und dadurch den Verkehr weiter einzuschränken, durften besagte Demonstrant:innen den Demozug verlassen und ihrer Wege gehen. Weiter sah die Polizei keinen Anlass, einen mutmaßlichen Corona-Leugner vom Platz zu verweisen, der in der Langen Straße bis auf wenige Zentimeter auf den Demozug zuging und versuchte über die Banner hinweg zu filmen. Aus den Fenstern des Freiraums Bambergs (bzw. vom Kaffeehaus Krumm&Schief) fotografierten ebenfalls Menschen den Demozug. Da aus dem ersten Stock gefilmt wurde, hatten die Bannerträger:innen keine Möglichkeit, die Demonstrant:innen vor den Kameras und Handys zu schützen. Ob es sich bei den Fotografierenden um Zivilpolizist:innen oder um Schwurbler:innen handelte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Da die Kneipe und das Kaffeehaus eher als progressiv gelten, hoffen wir, dass die Betreiber:innen und Mitarbeiter:innen das ganze nicht mitbekommen haben bzw. nicht verhindern konnten.
Wenig später erreichte der Demozug den Markusplatz und somit die Endkundgebung. Zu dieser Zeit war bereits der Demozug der Schwurbler:innen und Neonazis von StayAwake auf seiner Demoroute – die beiden Demonstrationen treffen später noch aufeinander.
Zuvor gab es allerdings noch drei Redebeiträge der Gegendemonstrant:innen. Die erste der drei Reden war von der Studierendenvertretung der Bamberger Universität. Sie verurteilte das Hand-in-Hand laufen StayAwakes mit Rassist:innen und Antisemit:innen, Rechtsextremistischen Parteien und Personen, Neonazis und Rechtsterroristen und erläuterte kurz die geplanten Bombenanschläge der „Weiße Wölfe Terrorcrew“. Weiter wurde in der Rede klargestellt, dass die Studierendenvertretung sich sowohl von StayAwake und der Corona-Leugner:innen-Abspaltung „Studenten stehen auf“ distanziert, als auch von deren Wissenschaftsfeindlichkeit und Verschwörungsmythen. Auch das stetige Verweigern von notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und von Impfungen wurde verurteilt.
In der zweiten der drei Reden sprach ein Mitglied der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken von der Dreistigkeit der StayAwakler:innen, gemeinsam mit bekannten Neonazis zu marschieren, sich aber auf Frieden zu berufen. Dabei ging das Mitglied auch auf die Nachricht eines Telegram-Chats der Schwurbler:innen ein, in dem ein Gruppenmitglied sich um den Ruf StayAwakes sorgte, wenn diese mit dem III. Weg marschieren würden, und daraufhin mit Spaltungsvorwürfen beschuldigt wurde und kritisiert wurde, dass alle Demo-Teilnehmer:innen willkommen sind, solange sie friedlich sein – dass Neonazis und wegen Gewalttaten und illegalem Sprengstoffbesitz verurteilte Rechtsterroristen in keiner Weise friedlich sind, wurde dabei wohl vergessen. Wer mit Nazis marschiert, tue sich mit diesen gleich und solle dementsprechend auch wie einer behandelt werden. Weiter kritisierte das Mitglied der Falken die Polizei – die Beamt:innen würden die Demonstrationen von StayAwake kaum überwachen, die Gegendemonstration, auf der viele linke Menschen sind, würde hingegen polizeiüblich mit deutlich mehr Polizist:innen überwacht werden und die Teilnehmer:innen durch diese drangsaliert. Das Fehlverhalten der Polizei zeigte sich auf dieser Demonstration tatsächlich in einigen Situationen. So sahen der sogenannten „Freund:innen und Helfer:innen“ keine Notwendigkeit, die Gegendemonstrant:innen durch eine Straßensperre in Richtung Konzerthalle zu schützen. Auch auf wiederholte Nachfrage kam die Polizei der Bitte nicht nach und die Demonstrant:innen mussten aus Selbstschutz die Straße selbst blockieren und mit einem Fahrzeug den Weg zur Demo versperren. Auf weitere Nachfrage an den Einsatzleiter der Polizei, behauptete dieser, dass weiter vorne an der Konzerthalle, Beamt:innen stehen würden, die dafür sorgen würden, dass keine Autos in Richtung des Demozuges fahren würden und man diese lediglich von unserer Position aus nicht sehen würde. Dies stellte sich als dreiste Lüge raus – immer wieder kamen Autos aus dieser Richtung und mussten wieder drehen oder in Seitenstraßen ausweichen. Auch konnten beim Nachsehen keine Polizist:innen an der Konzerthalle oder der unmittelbaren Umgebung entdeckt werden. Weiter zog die Polizei angereiste Aktivist*innen ohne Nennen eines Grundes in eine Maßnahme und durchsuchte diese komplett.
Die dritte Rede am Markusplatz war von den „Omas gegen Rechts“. Die Rednerin wunderte sich stark über die Dreistigkeit der Corona-Leugner:innen, sich mit den Jüdinnen:Juden im 3. Reich gleichzusetzen, weil sie eine Maske tragen müssten und darüber, dass der III. Weg ungehindert und offen auf der Straße seine rechtsextremen Aktionen ausleben dürfe.
Nach dieser Rede wurde bekannt, dass einige Unbekannte unabhängig von der Gegendemonstration in der Langen Straße den deutlich größeren Demozug von StayAwake mit einer Sitzblockade aufhielten. Von unbeteiligten Passant:innen wurden die blockierenden Menschen gefeiert. Die Polizei leitete den über 1500 Menschen großen Demozug StayAwakes in Dreierreihen an der Sitzblockade vorbei. Dennoch entschleunigte die Sitzblockade StayAwake deutlich.
Die Anspannung in der Gegendemonstration stieg deutlich, als das Aufeinandertreffen der beiden Demonstrationen näher rückte. Die Gegendemonstrant:innen sammelten sich in einem Block und übertönten die mehr als dreifach so große Demonstration von StayAwake mit Sprechchören. „Nazis raus! Nazis raus! …“, „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ und „Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest!“ hieß es, als die Polizei StayAwake über die Markusstraße in Richtung Sandstraße leitete. Physische Auseinandersetzungen zwischen den durch Polizeigitter getrennten Demonstrationen gab es in dieser Situation zwar nicht, jedoch wurden bereits von der Polizei drangsalierte angereiste Aktivist*innen von einem Schwurbler (Ende 50, blau-weiße Jacke, blaue Jeans, weißes Haar, ein Bart, zwischen 1,70 und 1,80 Meter) angegriffen. Dieser stellte einer:einem Antifaschist:in ein Bein und trat anschließend auf diese:n ein.
Als die StayAwake-Demonstration vorbeigezogen war, gab es noch eine letzte Rede von der Seebrücke Bamberg. Die Rede behandelte das Thema des Ohnmachtsgefühls und der Sprachlosigkeit nach dem StayAwake-Marsch mit dem III. Weg am Montag, das Überwinden dieses Gefühls und das daraus resultierende Einsetzen produktiver Wut. Anschließend sprach die Rednerin über die zunehmende Radikalisierung der Corona-Leugner, die inzwischen nicht mehr vor Gewalt und Morddrohungen zurückschrecken (einen Mord gab es coronamotiviert ja auch schon an einen Kassierer einer Tankstelle in Idar-Oberstein, der zuvor seinem Mörder aufgrund der fehlenden Maske nichts verkaufen wollte). Weiter wurden explizite Mordvorstellungen und Äußerungen dieser Art aus verschiedenen Telegram-Gruppen von Schwurbler:innen zitiert. Die Rede endete mit dem Aufruf, dass weiter solidarisch gegen StayAwake und Co. sowie gegen jede Art von Rassismus, Antisemitismus und Faschismus aufgestanden werden würde.
Kurz darauf löste sich die Demonstration auf und die Demonstrant:innen gingen ihrer Wege. Einen letzten Vorfall gab es noch als, die Polizei an der Konzerthalle einige Demonstrant:innen in eine Maßnahme zog und Personalien aufnahm. Als ein weiterer Demoteilnehmer, der von der Maßnahme noch nicht betroffen war, mit einem Polizeibeamten kommunizieren wollte, um zu erfahren was los sei, sagte besagter Polizist sinngemäß zu ihm: „Ein Schritt weiter und ich ziehe dich auch in die Maßnahme – ach was, ich hol dich jetzt einfach in die Maßnahme!“. Daraufhin zog der Polizist ihn gewaltsam mit sich. Die von der Polizei in die Maßnahme gezogenen Menschen erhielten einen Platzverweis für die gesamte Innenstadt.


Das Fazit für diesen Abend: Die Stimmung auf der Demonstration war angespannt – angespannt dadurch, dass es jederzeit knallen könnte, ob nun durch einen Angriff von StayAwake oder durch Polizeigewalt. Neben dem aggressiven Fotografieren und Filmen wurden Demonstrant:innen, wenn auch nicht unmittelbar auf der Demonstration, von einem StayAwakler physisch angegriffen. Die Polizei ist wieder einmal daran gescheitert, einer progressiven Demonstration Sicherheit zu gewährleisten. Auch wenn im Endeffekt kein Angriff auf die Demonstration stattfand, hätten potenzielle Angreifer:innen leichter in diese eindringen können als ein Messer in heiße Butter. Weiter missbrauchte die Polizei einmal mehr ihre Macht und belästigte und drangsalierte friedliche Demonstrant:innen. Außerdem wandte sie in einzelnen Fällen unangebrachte Polizeigewalt an. Die Reden und die Sprechchöre spiegelten die Wut auf StayAwake und andere Corona-Leugner:innen, sowie auf die Neonazis und Rechtsterroristen, die mit StayAwake marschieren, wider.

Auf unseren Social-Media-Kanälen findet ihr einen Post unseres SJ-Rings zu diesem Wochenende und hier eine Pressemitteilung der Veranstalter*innen von Samstag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert